Klimaschutz mit der Wirtschaft
Energiepolitische Positionen
Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom April 2021 hat es deutlich gemacht: Klimaschutz ist eine der zentralen Aufgaben unserer Zeit und wird bei zukünftigen energiepolitischen Entscheidungen stets mitgedacht werden. Gleichzeitig muss es das Ziel sein, die Energiepreise für die deutsche Wirtschaft durch die Veränderung des Systems von Abgaben und Umlagen deutlich und auf ein im europäischen Vergleich wettbewerbsfähiges Niveau zu senken. Darüber hinaus sind der Erhalt der Versorgungssicherheit und die Wettbewerbsfähigkeit der norddeutschen Wirtschaft sicherzustellen. Dafür müssen wir technische Potenziale nutzen und vor allem umdenken – in Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Gesellschaft.
Erste Auswirkungen des Klimawandels sind weltweit zu spüren – Starkregenereignisse, neue Rekordtemperaturen und anhaltende Trockenperioden nehmen zu. Um der anhaltenden Erderwärmung entgegenzuwirken, müssen die Klimaziele von Paris ernst genommen werden. Die Erderwärmung soll auf deutlich unter 2°C gehalten und zudem zusätzliche Anstrengungen unternommen werden, um den Temperaturanstieg auf 1,5°C zu begrenzen. Dafür bedarf es rascher Emissionssenkungen, möchte man das Ziel eines klimaneutralen Deutschlands und damit einhergehend einer CO2-neutralen Wirtschaft im Jahr 2045 laut Klimaschutzgesetz erreichen.
Klar ist, dass die Folgekosten des Klimawandels die Küstenländer besonders hart treffen werden. Allein eine Verstärkung der Deiche zieht Investitionen in enormer Höhe mit sich. Im Sinne unserer regionalen Wirtschaft sind Maßnahmen des Klimaschutzes deshalb rasch einzuleiten und nachhaltig zu verankern. Dabei kommt unseren Unternehmen eine besondere Rolle zu: Sie sind zum einen vom Klimawandel direkt betroffen, zum anderen auch Teil der Lösung. Der Ausbau Erneuerbarer Energien, innovative Projekte der Sektorenkopplung mit globaler Strahlkraft und nachhaltige Infrastrukturkonzepte zeigen bereits ihre Wirkung.
Initiativen und Konzepte unserer Betriebe sind als Weg aus der Klimakrise weiter zu stärken. Die Prämisse dabei sollte sein, dass sich Klimaschutz auch wirtschaftlich lohnen kann. Etliche Unternehmen haben in den vergangenen Jahren schon große Beiträge geleistet und erkennen mehr und mehr die wirtschaftlichen Chancen im Zuge des Klimaschutzes, wenn die Rahmenbedingungen stimmen. Wir regen an, dass gerade kleine und mittlere Unternehmen Unterstützung dabei erhalten, sich bereits heute eine Agenda zum Klimaschutz zu setzen und nicht erst im Jahr 2045 CO2-neutral wirtschaften. Neben dem Klimaschutz muss auch das Thema Klimafolgeanpassung zunehmend in das Unternehmensmanagement integriert werden, um auf Veränderungen und Ereignisse proaktiv reagieren zu können.
Die norddeutschen Kammern sind sich den großen Herausforderungen bewusst, die auf unsere Unternehmen zukommen. Aus diesem Grund hat die IHK Nord im Rahmen eines intensiven Befassungsprozesses und unter Einbeziehung des Ehrenamtes die nachfolgenden energiepolitischen Positionen als Handreichung für die Politikvertreterinnen und -vertreter auf Bundesebene entwickelt.
Reform: Energiemarktdesign
Eine marktwirtschaftliche Reform der staatlich induzierten Preisbestandteile im Strom- und im gesamten Energiesektor ist notwendig. Die tatsächlichen volkswirtschaftlichen Kosten sollten sich in allen Energieträgern wiederfinden. Die CO2-Bepreisung muss mittelfristig in Kombination mit der Senkung der Strompreise faire Wettbewerbsbedingungen schaffen.
Das Abgaben-, Umlagen- und Steuersystem im Strom- und Energiesektor ist nur noch schwer nachzuvollziehen. Energieträger werden neben den reinen Erzeugungskosten unterschiedlich mit zusätzlichen Preiskomponenten belastet (SIP – Staatlich induzierte Preisbestandteile). Erneuerbarer Strom wird dadurch in seiner Wettbewerbsfähigkeit im Vergleich zu konventionellen Energieträgern im Verkehrs- und Wärmebereich deutlich benachteiligt. Diese ungleiche Behandlung verhindert derzeit, dass Strom aus Erneuerbaren Energien in weitere Sektoren durchdringt. Hinzu kommt, dass der jetzige Mechanismus nicht vollumfänglich die gesamten Kosten der jeweiligen Energieträger inklusive Klima-Folgekosten berücksichtigt. Die Marktergebnisse spiegeln nicht die tatsächlichen Knappheitsverhältnisse wider, sodass Innovationen keinen angemessenen Raum finden. Ein bloßes Nachjustieren einzelner Parameter kann jedoch zu unerwünschten Verzerrungen im Gesamtsystem führen. Als sensibles Beispiel sind Experimentierklauseln und Ausnahmeregelungen anzuführen. Sie sorgen schnell für neue Belastungen bei anderen Verbrauchern. Aus diesem Grund ist ein ganzheitlicher Reformansatz notwendig.
Eine Reform muss ein transparentes und effizientes System schaffen. Es müssen flexible Übergänge zwischen den Sektoren Strom, Verkehr und Wärme gestaltet werden, die neben einer gerechten Verteilung der Be- und Entlastungen gleiche Wettbewerbsbedingungen sicherstellen. Planungssicherheit und die Voraussetzungen zu Innovation und Investition müssen gegeben sein. Um einen Anreiz zum flexiblen Verbrauch in Abhängigkeit der volatilen Erzeugung zu schaffen, bedarf es einer Strompreiskomponente, in der die Stromverfügbarkeit berücksichtigt wird. Mit der Reform sollten Geschäftsmodelle für die Sektorenkopplung ermöglicht werden. Hierfür können die Erfahrungen der SINTEG-Projekte wertvollen Input liefern. In einem weiteren Schritt für eine am Markt orientierte Reform des Strommarktdesigns kann eine CO2-Bepreisung, deren Einnahmen bspw. direkt zur Senkung der Kosten für Grünstrom genutzt werden sollten, in allen Sektoren Abhilfe leisten.
Wirken lassen: CO2-Bepreisung
Investitionen in Klimaschutz müssen sich langfristig lohnen – dafür fehlt allerdings der rechtliche Rahmen. Die CO2-Bepreisung wird neben einer CO2-Emissionsvermeidung faire Wettbewerbsbedingungen herstellen müssen. Dabei muss sich die Umstellung auf Erneuerbare Energien für die Wirtschaft positiv auswirken und die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen berücksichtigt werden.
In der EU und national hat sich Deutschland zu konkreten Klimazielen zur Reduktion von Treibhausgasemissionen verpflichtet. Um sie zu erreichen, wird sich auch die Wirtschaft anpassen müssen. Für die Unternehmen sind damit Chancen, aber auch Risiken verbunden. Die Energiewirtschaft und weite Teile der Industrie sind bereits über das EU emissions trading system (EU-ETS) eingebunden und leisten ihren Beitrag zur CO2-Reduktion. Im Zuge der seit 1. Januar 2021 geltenden nationalen CO2-Bepreisung führt die stufenweise Erhöhung des CO2-Preises als marktwirtschaftliches Modell grundsätzlich zu einer kosteneffizienten Erreichung der Klimaziele.
Ein schneller, reibungsloser Wechsel von einem Festpreissystem hin zu einem Emissionshandelssystem einhergehend mit einer transparenten Preisstruktur inkl. nachvollziehbarem Steigerungspfad ist dabei ebenso wichtig, wie auch die Erhaltung der Wettbewerbsfähigkeit energieintensiver Unternehmen. Darüber hinaus muss das europäische und das nationale System reibungslos aufeinander abgestimmt werden. Derzeit gibt es hier Unstimmigkeiten. Eine teilweise Rückerstattung der zusätzlichen Kosten ist im BEHG ist beispielsweise an Gegenleistungen (Energieeffizienz-Maßnahmen) gebunden, im Gegensatz zum EU-ETS-CL. Es bedarf der Einbindung in ein europäisches Emissionshandelssystem, womit nicht zwingend der Einbezug in das (bestehende) EU-ETS gemeint ist. Nur so können die europäischen Reduktionsziele kosteneffizient sichergestellt werden. Die Verwendung der Mittel aus der CO2-Bepreisung sollte neben dem Einsatz für die Senkung der EEG-Umlage langfristig möglichst zweckgebunden und für die Erreichung der Klimaschutzziele eingesetzt werden. Insgesamt darf die norddeutsche Wirtschaft nicht zusätzlich belastet werden.
Anreizen: System- und Netzdienlichkeit
Im Zuge einer Reform des Strommarktdesigns müssen die Netzstabilisierung und Systemdienlichkeit belohnt werden. Dafür bedarf es neben Flexibilitätsoptionen wie Speicher und zuschaltbaren Lasten auch einer agilen Notstromversorgung.
Das zukünftige Energieversorgungssystem wird nur funktionieren, wenn es deutlich anpassungsfähiger als heute ist. Es soll dabei verlässlich und bezahlbar bleiben. Zur Optimierung unserer Energieversorgung benötigen wir neben flexiblen Verbrauchen auch flexible Erzeugung, flexible Speicher und einen Ausbau der Energieversorgungsnetze. Die zukünftige Energieversorgung stellt somit unterschiedlichste Anforderungen an die Marktakteure. Strom sollte im besten Fall genau dann verbraucht werden, wenn der Wind weht und die Sonne scheint. Befindet sich viel regenerativer Strom bei gleichzeitig geringer Nachfrage im System, sinken die Börsenstrompreise. Gerade dann könnten Verbraucher von niedrigen Preisen an der Börse profitieren. Ein Beispiel zur Förderung der Netzdienlichkeit ist die im Rahmen des SINTEG-Projekts NEW 4.0 entwickelte Flexibilitätsplattform ENKO. Sie könnte dafür sorgen, dass industrielle Verbraucher, Wärmeerzeuger aber auch Betreiber von Elektrolyseuren ihre flexiblen Lastkapazitäten bereitstellen, um Netzengpässe zu vermeiden.
Bei einem besonders großen Angebot an erneuerbarem Strom und bei niedrigen Börsenstrompreisen sollte sich eine zusätzliche Nachfrage lohnen, wenn sie der Stabilisierung des Energieversorgungssystems dient. Dafür müssen die Abgaben und Umlagen auf den Strompreis angepasst werden. Beispielsweise kann dann der Strom in Form von Wärme genutzt bzw. gespeichert werden, oder die Batterien in Pkw, Lkw und Bussen reagieren flexibel und laden zum Zeitpunkt des hohen Angebots und geben diesen wieder ab, wenn er benötigt wird. Gerade die Potenziale des Wärmemarktes und der Mobilitätswende mit mobilen Batteriespeichern gilt es zu nutzen. Mittel- bis langfristig werden diese Flexibilitätsoptionen auch gleichzeitig die lokale und regionale Notstromversorgung darstellen. Diese Systemdienlichkeit zur Netzstabilisierung sollte belohnt werden. Ohne Deckung der Mehrkosten zur Bereitstellung netzdienlicher Flexibilitäten wird sich kein Verbraucher an Maßnahmen beteiligen. Hierbei ist es wichtig, dass die Unternehmen durch die Schaffung von Anreizsystemen, wie beispielsweise variable Energiepreise oder Netzentgelte, unterstützt werden müssen. Voraussetzung für ein funktionierendes Gesamtsystem ist die Digitalisierung – sie macht ein intelligentes Zusammenspiel von Erzeugern, Stromnetzen, Speichern und Verbrauchern erst möglich.
Vereinfachen: Vermarktung von Ökostrom
Das Doppelvermarktungsverbot sollte bei gleichzeitiger Verhinderung einer Doppelförderung abgeschafft werden. Die Gründe für die Erlassung des Verbots liegen heute nicht mehr vor. Die Eigenschaften des regionalen Grünstroms müssen erkennbar sein und ohne Umwege direkt an die Verbraucher weitergegeben werden können.
Erneuerbare Energien profitieren von ihrem grünen Image. Umfragen zeigen, dass die Nachfrage nach grünem Strom hoch ist und weiter steigt. Viele Unternehmen seien zudem bereit, mehr für zertifizierten deutschen bzw. regionalen Grünstrom auszugeben. Es besteht also ein erhebliches Potenzial für einen stärker nachfragegetriebenen Zubau. Aufgrund des im EEG verankerten Doppelvermarktungsverbots kann das „grüne Label“ in Form von Herkunftsnachweisen bei geförderten Anlagen jedoch nicht an den Abnehmer des Stroms weitergegeben werden. Der grüne Strom muss grau verkauft werden. Aus diesem Grund ist regionaler Grünstrom so gut wie nicht am Markt verfügbar. Stattdessen bilden norwegische Wasserkraftzertifikate bislang das Rückgrat der meisten Ökostromtarife hierzulande. Der Ausbau Erneuerbarer Energien in Deutschland erfährt auf diesem Wege keinen Anreiz.
Die Gründe für die Einführung des Doppelvermarktungsverbotes sind überholt. Zum einen finanzieren sich mehr und mehr Erneuerbare-Energien-Anlagen bereits über eine geförderte Direktvermarktung und somit nicht mehr vollständig über die EEG-Umlage, die der Verbraucher zahlt. Zum anderen wird diese zukünftig teilweise durch Bundesmittel finanziert. Hinzu kommt eine wachsende Wettbewerbsverzerrung innerhalb Europas, da in anderen EU-Staaten Herkunftsnachweise für geförderte regenerative Erzeugungsanlagen ausgegeben werden dürfen. Herkunftsnachweise für grünen Strom müssen auch in Deutschland eingeführt werden. Dafür ist das Doppelvermarktungsverbot außer Kraft zu setzen.
Notwendig: Nachfolgeregelungen für Post-EEG-Anlagen
Das Repowering alter Anlagen vor Ort sollte stets erste Wahl sein, wenn deren Betrieb am Standort akzeptiert und die Infrastruktur vorhanden ist. Sofern ein Repowering nicht möglich ist, bedarf es Nachnutzungskonzepte für die unterschiedlichen regenerativen Erzeugungsformen, um funktionsfähige Anlagen weiterhin in der Erneuerbaren Energien-Bilanz halten zu können.
Zum Jahreswechsel 2020/2021 endete die Vergütungszeit für alle Anlagen, die im Jahr 2000 oder davor an das Stromnetz gegangen sind. Es handelt sich deutschlandweit vorwiegend um Windenergieanlagen, zudem sind Biogasanlagen und einige tausend Photovoltaik-Anlagen betroffen. Diese sind mit Blick auf ihre installierte Leistung häufig klein bis sehr klein und befinden sich in der Regel auf Hausdächern. Mit dem Auslaufen der Förderung bleibt der gesetzliche Einspeisevorrang generell bestehen. Falls keine sinnvollen Nachfolgeregelungen gefunden werden, droht ein deutlich verlangsamter Anstieg der erneuerbaren Erzeugungskapazitäten.
Solche ausgeförderten Anlagen bieten Möglichkeiten zur Geschäftsmodellentwicklung für Flexibilisierungsoptionen und Netzentlastung. Hierzu zählen beispielsweise die Erzeugung von grünem Wasserstoff, weitere Power-to-X-Lösungen, Mieterstrommodelle, Smart-City-Ansätze oder auch PPAs als Vermarktungsmöglichkeit. Helfen können ebenfalls individuelle Nachnutzungsprogramme mit angepasster Rohstoffnutzung (wie bspw. Power-to-Heat (PtH)-fähige Öl-Hybridheizungen zur Verringerung des Ölverbrauchs), Wärmekonzepten und Einspeisung in die Erdgasnetze, teilweise gemeinsam mit Nachbarerzeugungsanlagen. Dafür muss der Rahmen geschaffen werden. Der Wegfall regulatorischer Hemmnisse (wie der Streichung der EEG-Umlage) für Strom aus alten regenerativen Anlagen zur Speicherung, Veredelung und dezentraler Nutzung wäre ein erster Schritt.
Sektorenkopplung – grüner Wasserstoff als ein Baustein
Die Sektorenkopplung löst die traditionelle Trennung der Energiesektoren Elektrizität, Wärme- und Kälteversorgung sowie Mobilität zugunsten eines ganzheitlichen Ansatzes ab. Dessen Kern muss ein intelligentes, sektorenübergreifendes Last- und Erzeugungsmanagement sein, das im Ergebnis lang- und kurzfristige Volatilität zusammenführt. Mit einer verbesserten Energieeffizienz wird dies zu einer Senkung des Primärenergiebedarfs beitragen.
Ziel der Sektorenkopplung ist eine möglichst vollständige Umstellung der Energieversorgung auf Strom aus Erneuerbaren Energien und damit die CO2-Reduktion durch die Verbindung der Sektoren Verkehr und Wärme mit dem Stromsektor und einer Integration der Industriebetriebe. Neben dem Netzausbau ist eine Voraussetzung dafür die Nutzung aller Flexibilitätspotenziale der Erzeuger, Verbraucher und jeglicher Speicher von Energie sowie die Umformung temporär überschüssiger oder benötigter Energie zwischen den Sektoren. Aktuell existieren in den Sektoren traditionelle, nicht aufeinander abgestimmte Markt- und Infrastrukturen sowie Entgelt- und Abgabensysteme. Die Anpassung des Gesamtsystems im Sinne einer effizienten Sektorenkopplung ist Grundvoraussetzung für das Entstehen wettbewerblicher Geschäftsmodelle. Wichtig bei dem Umbau der Energieversorgung ist, jederzeit eine Technologieoffenheit sicherzustellen.
Der Norden eignet sich in besonderem Maße für alle Rollen eines entstehenden Wasserstoff-Marktes, was Verbraucher, Produzenten, aber auch Transport, Logistik und Speicherung einschließt. Insofern kann und sollte Norddeutschland eine Pilotrolle einnehmen. Daher steht für die Wirtschaft eine umfassende Unterstützung zum Ausbau jeglicher wasserstoffgetriebener Markt- und Geschäftsmodel-le im Mittelpunkt. Im Bereich des Wärmemarktes können Wärmepumpen eine klimaneutrale Alternative zu konventionellen Heizungsanlagen darstellen und die Sektorenkopplung unterstützen, sofern diese mit regenerativem Strom und/oder im Zusammenhang mit Abwärmenutzung betrieben werden. Die Anlagen können mit einem Pufferspeicher zudem volatil reagieren, d.h. Grünstrom nutzen, wenn er erzeugt wird. Darüber hinaus ist eine Transformation bestehender fossiler Wärmenetze in grüne Wärmenetze z. B. auf Grundlage von Wärmepumpen denkbar, um ein hohes CO2-Senkungspotenzial freizusetzen. Des Weiteren sind die Potenziale im Bereich der Wärmeversorgung bzgl. der Tiefengeothermie, die in weiteren Teilen Norddeutschlands zur Verfügung steht, zu berücksichtigen. Im Norden gibt es hierzu bereits viel Know-how sowie gute Praxisbeispiele.
Es ist somit zeitnah erforderlich, die EEG-Umlage auf Strom aus Anlagen, die der direkten Speicherung oder Umwandlung dienen, neu zu bestimmen. Wettbewerbsverzerrungen sind abzubauen und Geschäftsmodelle für die Sektorenkopplung zu ermöglichen. Dazu müssen sektorspezifische Preiskomponenten ausgesetzt oder gemindert werden, wenn die erzeugte oder transformierte Energieform den Sektor verlässt. Zentraler Bemessungsgrad für ein Entgeltsystem kann neben anderen Komponenten ein am Primärenergieverbrauch orientierter CO2-Preis sein.
Beschleunigung: Planungs- und Genehmigungsverfahren
Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau Erneuerbarer Energien und Anlagen im Sinne der System- und Netzdienlichkeit sind zu beschleunigen, Klageinstanzen zu verkürzen und die Akzeptanz in der Gesellschaft durch geeignete Maßnahmen zu erhöhen. Dazu gehört auch eine deutliche Entschlackung des gesetzlichen Regelwerks bzw. eine Überprüfung der zukünftigen Notwendigkeit des EEG.
Das EEG ist ein hochkomplexes Regelwerk, das selbst von Experten in seiner Gänze kaum mehr überblickt werden kann und baut auf schon vor Jahren beschlossenen Entscheidungen
und Nachträgen auf. Die Komplexität wird immer mehr zur Bremse für den weiteren Ausbau Erneuerbarer Energien, der vor dem Hintergrund des Ausstiegs aus der Kernkraft und der Kohle-verstromung im Interesse der deutschen Wirtschaft liegt.
Unerlässlich für eine erfolgreiche Energiewende sind somit u.a. eine effizientere und schnellere Planung und Umsetzung für Erhalt und Sanierung sowie für Aus- und Neubau der physischen und digitalen Infrastrukturen sowie für die Ansiedlung neuer Technologie-Unternehmen. Das Bau- und Planungs- sowie Genehmigungsrecht ist kritisch zu hinterfragen und zukunftsorientiert für raschere Genehmigungsentscheidungen und verlässlichen Planungsgrundlagen zu novellieren.
Um die Entwicklungschancen zu verbessern und um im nationalen und internationalen Wettbewerb mithalten zu können, sind schnellere Planverfahren unabdingbar. Dazugehörige Umweltverträglichkeitsprüfungen sind schnellstmöglich, dennoch mit der gebotenen Sorgfalt, zu bearbeiten. Gerade bei Erneuerungen (Repowering) und Kapazitätserhöhungen im Leitungsbau, die Errichtungen neuer oder Modernisierungen bestehender Energieanlagen darstellen, bedarf es Anpassungen, sofern die Anlagen vor Ort generell auf Akzeptanz stoßen bzw. gestoßen sind. Zudem muss die Personalausstattung der Behörden verbessert und die Möglichkeiten der Digitalisierung konsequent ausgeschöpft werden. Im Planungssicherstellungsgesetz wurde die Möglichkeit geschaffen, Bekanntmachungen und Auslegungen im Rahmen eines Planungs- oder Genehmigungsverfahrens im Internet oder auch Erörterungstermine vor Ort als Online-Konsultationen durchzuführen. Das Planungssicherstellungsgesetz umfasst eine Liste von 23 verschiedenen Gesetzen (u. a. Verfahren nach dem Energiewirtschaftsgesetz), die von der Vereinfachung profitieren sollen. Die dort angelegte Befristung wurde bis zum 31. Dezember 2022 verlängert. Die positiven Effekte aus der Möglichkeit der Online-Konsultationen sollten nachhaltig verankert werden. In diesem Zuge sollten Bürgerbeteiligungen auf den Beginn der Planungsverfahren reduziert und effizienter gestaltet werden. Auch Instanzverkürzungen (Oberverwaltungsgerichte als Erstinstanz bei Streitigkeiten in Planungs- und Genehmigungsverfahren) können einen Beitrag für eine schnellere Vorhabenumsetzung leisten.
Wichtig ist, dass in allen Verfahren bestimmte Schritte und der Gesamtverlauf mit konkreten Zeitangaben hinterlegt sein müssen. Alle Verfahrensschritte – verwaltungsinterne sowie externe – sollten zudem elektronisch bearbeitet werden.
Forcieren: Ausbau erneuerbarer Energien
Der Ausbau erneuerbarer Energien muss deutlich forciert werden, damit das nationale EE-Ausbauziel auf mindestens 65 % des Bruttostromverbrauchs im Jahr 2030 erreicht werden kann. Anzustreben ist ein Einsatz aller Technologieansätze, um einen ausgewogenen Energiemix auf Basis regenerativer Energiequellen zu verwirklichen. Der steigende Strombedarf für Mobilität und den Wärmemarkt aufgrund der Sektorenkopplung muss dabei zusätzlich berücksichtigt werden.
Die EU hat es im Green Deal für 2050 verankert, die Bundesregierung im Rahmen des novellierten Klimaschutzgesetzes: Im Jahr 2045 soll Deutschland klimaneutral wirtschaften. Deutschland kann hier als führende Industrienation und wirtschaftlich stärkster Mitgliedstaat der EU als Vorbild vorangehen und seine Chancen als forschungs- und innovationsstarker Standort nutzen. Im Umkehrschluss bedeutet das selbst gesteckte Ziel, dass unsere Energieversorgung in weniger als 25 Jahren über alle Sektoren hinweg auf Erneuerbaren Energien bzw. klimaneutralen Erzeugungstechnologien basieren muss. Grüne Gase werden im zukünftigen Energiesystem neben der direkten erneuerbaren Stromnutzung eine entscheidende Rolle spielen.
Eine zunehmende Stromnachfrage, die im Zuge der Sektorenkopplung zu erwarten ist, bedarf des konsequenten Ausbaus Erneuerbarer Energien. Dies ist eine bundesweite Aufgabe – und eine Aufgabe unserer Bundesregierung. Für den weiteren Ausbau sollten für alle die gleichen Rahmenbedingungen gelten. Wichtig dabei ist, dass der Zubau kontinuierlicher und vor allem verlässlicher erfolgen muss als bisher, um der Wirtschaft eine angemessene Planungssicherheit zu geben. Wichtig ist ebenfalls, dass der produzierte Strom zu jeder Zeit dem Markt zur Verfügung steht. Ein Engpassmanagement durch Abschaltungen ist nicht nur aus volkswirtschaftlichen Gründen zu verhindern; es gefährdet auch die Akzeptanz in der Bevölkerung für den Zubau. Der Speicherung Erneuerbarer Energie kommt eine Schlüsselrolle zur Erreichung der Klimaziele zu.
Ausbauen: Offshore Windenergie
Der Offshore-Windenergie kommt im zukünftigen Energieversorgungssystem eine besondere Bedeutung zu. Die Potenziale der Nord- und Ostsee sind unter Rücksichtnahme auf Wirtschaftszweige wie Schifffahrt und Fischerei bestmöglich auszunutzen. Dabei sind Nutzungskonflikte frühzeitig zu vermeiden. (IHK Nord-Papier: Norddeutsche Forderungen für eine Steigerung der europäischen Windenergie auf See: www.ihk-nord.de/offshore-position).
Ausbauen: Digitalisierung der Energieversorgung
Die Energiewirtschaft muss umfassend digitalisiert werden: Erneuerbare Energie wird immer dezentraler erzeugt. Zugleich muss der Volatilität der Stromproduktion durch einen flexibel anpassbaren Verbrauch unter Einbeziehung der Sektorenkopplung entsprochen werden. Dazu ist eine spartenübergreifende Vernetzung von Infrastrukturen und Marktteilnehmern notwendig.
Smart Grid, Smart Market, Smart Metering, Virtuelle Kraftwerke, Echtzeitdatenauswertung sind Schlagworte der Digitalisierung der Energiebranche. Die Arbeitsprozesse und die Kommunikation mit den Kunden werden zunehmend digitalisiert. Besonderes Augenmerk verdienen unter anderem bessere Prognosen von Verbrauch, Erzeugung, Netzengpässen und Lastspitzen sowie die Anlagen-überwachung und das Lastmanagement. In Zukunft können Produktion und Verbrauch Erneuerbarer Energien dank digitaler Technik besser aufeinander abgestimmt werden. Hier kann Künstliche Intelligenz dabei helfen, Netzkapazitäten und Erzeugungsleistungen deutlich effizienter auszulasten. Größte politische Hemmnisse für eine weitere Digitalisierung sind nach wie vor unklare Zuständigkeiten sowie zersplitterte Kompetenzen bei den Behörden, uneindeutige gesetzliche Rahmenbedingungen und aufwändige Datenschutzauflagen.
Administrative und gesetzliche Hürden müssen durch die Politik weiter abgebaut werden – Datenschutz und Datensicherheit müssen dabei gewährleistet werden. Daneben bedarf es eines digitalen Mindsets: „Digitales Denken" muss generell Einzug halten. Moderne digitale Verfahren und Technologien werden mit Kosten verbunden sein. Ziel sollte es sein, diesen Mehraufwand durch Vereinfachung der Prozesse und zusätzlichen Kundennutzen auszugleichen. Die Anwendung bereits existierender digitaler Technologien (einschließlich Smart Metering) sollte forciert werden und zügiger vorankommen. Um alternative Antriebskonzepte, Energiespeicher und dezentrale Energiekonzepte, insbesondere Batterien und Wasserstoff, stärker in die Netze einzubinden, bedarf es einer dynamischen integrierten Netzplanung und fortlaufender digitaler Netzsteuerung und Marktentwicklung, damit Strom-, Gas- und Wärmeinfrastrukturen immer enger zusammenwachsen können. Für die stärkere Vernetzung und das Handling der stark anwachsenden Datenmengen ist eine transparente Regelung nötig, um den Betrieb und das marktliche Agieren sicherzustellen.
Zukunftsfähig: Infrastruktur für Energietransport
Eine zukunftsfeste Energieversorgung braucht Vielfalt bei der Energieinfrastruktur. Neben modernen und leistungsfähigen Infrastrukturen für den Transport von grünem Strom werden deshalb auch Transportstrukturen zum Im- und Export für andere nachhaltige und möglichst emissionsarme Energieträger benötigt. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, kann dauerhaft Versorgungssicherheit gewährleistet werden.
Die Klimaziele können nur eingehalten werden, wenn die Dekarbonisierung des Energiesektors bis 2045 umgesetzt wird. In allen Bereichen werden deshalb über kurz oder lang klimafreundliche Energieträger zum Einsatz kommen. In Deutschland werden dabei erneuerbarer Strom sowie grüne gasförmige oder flüssige Energieträger das Rückgrat der künftigen Energieversorgung bilden. Eine Deckung des gesamten Energiebedarfs allein auf Basis erneuerbarer Stromerzeugung ist unter anderem aufgrund der Sektorenkopplung in Deutschland angesichts seiner geographischen Lage und der Flächenknappheit aber nicht zu realisieren. Eine Schlüsselrolle wird deshalb absehbar grüner, also aus Erneuerbaren Energien hergestellter Wasserstoff, einnehmen. Dieser bietet den großen Vorteil, als Ausgangsstoff für Folgeprodukte zum Einsatz kommen zu können, für die aktuell noch fossile Energieträger nötig sind. Da für die Herstellung von grünem Wasserstoff aufgrund der Umwandlungsverluste viel erneuerbarer Strom eingesetzt werden muss, ist absehbar, dass in Deutschland selbst nicht so viel grüner Wasserstoff produziert werden kann, wie benötigt würde, um den vollständigen Wegfall konventioneller fossiler Energieträger zu kompensieren. Vor diesem Hintergrund muss das Ziel sein, neben dem Aufbau und der Nutzung der heimischen Erzeugungspotenziale auch die notwendige Importinfrastruktur für Wasserstoff oder Derivate aufzubauen sowie verlässliche internationale Partner für die Produktion und den Transport von Wasserstoff zu finden. Oberste Priorität sollte dennoch - nach wie vor - auf die regionale Wertschöpfung, die durch die Produktion von heimischem grünem Wasserstoff entsteht, gelegt werden. Studien[1] zeigen, dass regional produzierter Wasserstoff höhere Beschäftigungseffekte sowie eine höhere Wertschöpfung erzeugt als importierter grüner Wasserstoff. Zudem erhöht regional erzeugter grüner Wasserstoff die Resilienz von entsprechenden Wertschöpfungs- und Lieferketten der darin eingebundenen Unternehmen.
Auf dem Weg ins globale Wasserstoffzeitalter stehen wir allerdings noch ganz am Anfang. Bis Wasserstoff eine tragende Säule des Energieversorgungssystems ist, werden kurzfristig noch “Brücken” benötigt. Neben Erdgas, synthetischen Kraftstoffen, blauem und türkisem Wasserstoff wird auch LNG (Liquified Natural Gas) einer der „Brücken-Energieträger“ der Energiewende sein. Diese Energieträger können damit einen Beitrag zur Dekarbonisierung und zugleich zur Stabilisierung des Energieversorgungssystems leisten – letzteres, da im Zuge der Abschaltung der Atom- und Kohlekraftwerke in den kommenden Jahren übergangsweise der Bedarf an gasförmigen Energieträgern weiter steigen wird. Hierfür wird eine entsprechende Importinfrastruktur benötigt, über die Deutschland aktuell in weiten Teilen (außer Erdgasinfrastruktur) nicht verfügt und die deshalb aufgebaut werden muss. Teile dieser Infrastruktur können perspektivisch auch für den Transport von Wasserstoff nutzbar gemacht werden.
Der Norden hat viele herausragende Standortvorteile, um zur Energiedrehscheibe Deutschlands zu werden – heute für Erdgas, Kraftstoffe, Wasserstoff und LNG, in Zukunft auch für grünen Wasserstoff bzw. grüne Gase und E-Fuels. Wir verfügen bereits über hohe regenerative Erzeugungskapazitäten, die noch weiter ausbaufähig sind, Kavernen zur Speicherung erneuerbarer Gase sowie maritime Unternehmen und wirtschaftliche sowie wissenschaftliche Expertise im Bereich der Energiewirtschaft. Notwendig sind jetzt die Investitionen in langfristig wirtschaftliche und synergetisch sinnvolle Energieimport- und Transportinfrastrukturen vor Ort.
Sinnvoll: Netzkosten verteilen
Aktuell müssen die Verbraucher im Norden eine unverhältnismäßig starke Last der Netzkosten tragen. Die aus der Energiewende resultierenden Kosten für den Aus- und Umbau der Verteilnetze sollten bundesweit neu aufgestellt werden, um Fehlanreize zu vermeiden. Die Netzentgelte müssen dort günstig sein, wo erneuerbarer Strom erzeugt wird. So wird den Regionen ein Anreiz gegeben, erneuerbare Erzeugungskapazitäten weiter auszubauen.
Unter Netzentgelten versteht man die Gebühr für die Nutzung, den Erhalt und den Ausbau des Stromnetzes. Die vier verantwortlichen Übertragungsnetzbetreiber und etwa 900 lokale Verteilnetzbetreiber sind zuständig für den sicheren Betrieb und den weiteren Ausbau. Die dafür notwendigen Investitionskosten können die Betreiber anteilig den Stromanbietern in Rechnung stellen, die diese dem Endverbraucher dann als Netzentgelte weiterberechnen.
Die Verbraucher in großen Teilen Norddeutschlands müssen im bundesweiten Vergleich verhältnismäßig hohe Netzentgelte zahlen. Stark ins Gewicht fällt, dass viele Erzeuger Erneuerbarer Energien dezentral an die Flächennetze angeschlossen sind und weiter angeschlossen werden. Um diesen Strom aufnehmen zu können, mussten und müssen die regionalen Netze weit über ihre frühere lieferungsorientierte Versorgungsaufgabe hinaus ausgebaut werden. Die Kosten dafür werden innerhalb der betroffenen Netzgebiete vor Ort umgelegt; der produzierte Strom jedoch wird nicht nur bei uns, sondern auch im Westen und Süden Deutschlands verbraucht. Die Energiewende ist ein deutschlandweites Projekt. Es ist nicht zu akzeptieren, dass ausgerechnet die Region, die einen großen Beitrag zur Erfüllung der Energieversorgung für die bundesweiten Klimaziele leistet, die höchsten Netz- und Ausbaukosten trägt.
Die hohen Netzentgelte können ökologische und volkswirtschaftliche Fehlanreize hervorrufen. Zudem schrecken sie verbrauchsintensive Gewerbe und Industrieunternehmen ab und können vielmehr sogar eine Abwanderung ansässiger Unternehmen fördern. Netzausbaukosten sind Infrastrukturkosten und damit vergleichbar der staatlichen Daseinsvorsorge im Straßen- oder Bahngüterverkehr. In der Konsequenz sollten auch Netzkosten als bundeseinheitliche Infrastrukturkosten gestaltet sein. Es bedarf somit einer Anpassung der Netzentgeltsystematik im Sinne einer angemessenen und für die Bewältigung des Klimawandels zielführenden Kostenverteilung.
Ansiedlungsstrategie: Energieintensive Unternehmen
Mit den richtigen Weichenstellungen kann in Norddeutschland überwiegend grüner und kostengünstiger Strom sowie regional erzeugter Wasserstoff angeboten werden. Dieser Vorteil muss nutzbar sein, um energieintensive Betriebe in unserer Region anzusiedeln.
Die Stromgestehungskosten Erneuerbarer Energien sind zum großen Teil bereits heute günstiger als die Kosten für neu errichtete konventionelle Kraftwerke. Mit einem zunehmenden Anteil Erneuerbarer Energien fällt der Börsenstrompreis aufgrund des Merit-Order-Effektes schrittweise weiter. Die steigende Belastung mit Steuern, Abgaben und Umlagen sorgt jedoch dafür, dass die günstigen Erzeugungspreise nicht an die Endkunden weitergegeben werden können. Deutschland hat somit im internationalen Vergleich mit die höchsten Strompreise.
Dabei ist gerade im Norden die Stromerzeugung aus Erneuerbaren Energiequellen besonders wirtschaftlich – u. a. die guten Windbedingungen an Land sorgen dafür, dass die Stromgestehungskosten gesunken sind. Doch dieser regionale Vorteil findet sich im Gegensatz zu den regional unterschiedlichen Netzentgelten nicht im Strompreis wieder. Dabei müsste ein im Überschuss vorhandenes Gut günstiger sein als in Mangelgebieten.
Die jetzigen Rahmenbedingungen eignen sich nicht dafür, energieintensive Betriebe, wie zum Beispiel Daten- oder Rechenzentren, Unternehmen der Rohstoff-, chemischen und Glas-Industrie oder Gießereien für die Ansiedlung in einer Region zu gewinnen, die grünen Strom im Überschuss bietet. Doch in der Vergangenheit haben sich Großverbraucher gerade genau dort platziert, wo Energie im hohen Maße verfügbar war. Diese Diskrepanz gilt es aufzulösen. Der Einspeisevorrang Erneuerbarer Energien in Verbindung mit Herkunftsnachweisen ist eine erste Voraussetzung. So kann beispielsweise der Bezug von Ökostrom belohnt werden. Zudem können Direktlieferverträge, sogenannte PPAs (Power Purchase Agreements), zwischen Erzeugungsanlagen und Verbrauchern Abhilfe schaffen. Hierbei sollte der Strombezug dann von der EEG-Umlage befreit werden. Darüber hinaus bedarf es einer Anpassung der Regelung in Bezug auf die Eigenerzeugung bzw. -versorgung von Unternehmen mit Erneuerbarer Energie. Hier sollten die EEG-Entlastungen für bestehende Anlagen erhalten bleiben. Des Weiteren sollte darauf hingewirkt werden, dass auch der Verbrauch durch verbundene Unternehmen auf einem Betriebsgelände als Eigenverbrauch zählt.
[1] Akzeptanz durch Wertschöpfung, GP Joule, 2017 / Bewertung der Vor- und Nachteile von Wasserstoffimporten im Vergleich zur heimischen Erzeugung, LEE-NRW, 2020.