Europapolitik

EU-Qualitätsregeln für norddeutsche Produkte

Ob für geschützte Produkte wie Mecklenburgischen Landwein, die Zukunft der Fischerei und eine freiwillige Nährwertkennzeichnung auf Lebensmitteln: Die IHK Nord vertritt norddeutsche Food-Interessen in Brüssel.

EU-Regeln für den Schutz regionaler Produkte

Was haben Mecklenburgischer Landwein und Lübecker Marzipan gemeinsam? Beides sind geschützte Produkte aus Norddeutschland – und gute Beispiele dafür, wie Europapolitik sich regional auswirkt.

Seit 2012 sind Agrarprodukte und Lebensmittel nach der EU-Verordnung zu Qualitätsregelungen für Agrarerzeugnisse und Lebensmittel vor Missbrauch oder Nachahmung geschützt, sofern diese bei der EU registriert wurden. Mit einer Neuordnung soll die Regelung zum Schutz ge
ografischer Angaben nun gestärkt werden.So sollen Verfahren zur Registrierung beschleunigt werden und der Schutz vor Imitation im Online-Handel ausgebaut werden.

Gute und wichtige PunkteDarüber hinaus setzen wir uns für diese Forderungen der norddeutschen Wirtschaft ein:
  • Ein komplett digitales Registrierungsverfahren
  • Antragsstellung auf nationaler Ebene
  • Ein Verbot von irreführenden URLs innerhalb der Europäischen Union
Unternehmen sollen die neuen EU-Gütesiegel einfacher beantragen und damit verbundene Exportchancen optimal nutzen können – dafür machen sich die IHKs im Norden stark – allen voran die IHK zu Schwerin.

Norddeutsche Kritik an neuen EU-Fischereiverboten

Im Zuge des Green Deals treibt die EU auf zahlreichen Ebenen Rechtsvorschriften voran, die auf Nachhaltigkeit zielen – und schießt damit manchmal am Ziel vorbei. So auch beim „EU-Aktionsplan: Schutz und Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei“. Demnach sollen die EU-Mitgliedstaaten die mobile Grundfischerei in Meeresschutzgebieten bis 2030 einstellen. Betroffen wäre auch der Nationalpark Wattenmeer und eben das würde nicht nur die Nordseekrabbenfischer in ihrer Existenz bedrohen. Das Verbot würde sich auch negativ auf den Tourismus, den Einzelhandel sowie die fischverarbeitende Industrie auswirken.
Zudem würden kaum Nachhaltigkeitseffekte erreicht werden:
  • Erstens hat das Forschungsinstitut Thünen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) nachgewiesen, dass die Krabbenfischerei nur für neun Prozent der beobachteten Unterschiede zwischen befischten und unbefischten Gebieten verantwortlich ist. So fatal sind die Auswirkungen der Grundfischerei offenbar also nicht.
  • Zweitens haben sich die deutschen Fischereibetriebe in Sachen Nachhaltigkeit längst auf den Weg gemacht. So haben sich beispielsweise die deutschen Krabbenfischer einem Zertifikat für nachhaltigen Fischfang verpflichtet und erforschen gemeinsam mit dem Thünen-Institut umweltschonende Fangmethoden. Das führt dazu, dass die Fischerei in Norddeutschland bereits eine der umweltfreundlichsten weltweit ist. Der grüne Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat während der Agrarministerkonferenz im März auf die Nationalparkverträglichkeit der deutschen Küstenfischerei hingewiesen.
  • Drittens: Wenn das Angebot aus dieser Quelle den Konsumenten nicht mehr zur Verfügung steht, dürfte die Nachfrage nach importiertem Fisch steigen. Und dieser kommt oft aus wenig nachhaltiger Fischerei. Zum Beispiel aus China, ein Land, das bekannt für Verstöße gegen EU-Vorschriften zu Fischerei und Menschenrechten ist.
Die IHK Nord lehnt das Verbot ab und plädiert stattdessen für einen intensiven Dialog der Beteiligten, bei dem Umweltauswirkungen differenziert betrachtet werden. Auch sollte die EU verstärkt Forschung und Innovation für ökologische Fischereimethoden fördern und um den betroffenen Wirtschaftszweigen neue Geschäftsmodelle zu ermöglichen. Rückenwind kommt von dem norddeutschen Abgeordneten Niclas Herbst (CDU/EVP), der nach Gesprächen mit der norddeutschen Fischerei und Unternehmen einen Initiativbericht gegen den Aktionsplan Fischerei eingereicht hat. Voraussichtlich im Dezember stimmt das EU-Parlament über den Initiativbericht ab.

Nutri-Score noch umstritten

Bei einem weiteren wichtigen Thema von Ernährungsindustrie und Handel – die Nährwertkennzeichnung auf Verpackungen von Lebensmitteln – hat die IHK Nord Unternehmen unmittelbar beteiligt und die Ergebnisse der Umfrage in den Diskussionsprozess von EU-Kommission und Europaparlament eingebracht. Die Entscheidung dazu steht noch aus – Vertreter der EU-Staaten konnten sich bislang nicht auf eine Entscheidung zwischen Nutri-Score und anderen Kennzeichnungen einigen. Einige Mittelmeer-Anrainer favorisieren die Nutrinform Battery, während insbesondere Frankreich und Benelux den Nutri-Score als EU-weite Kennzeichnung befürworten.