Roundtable Discussion

Ausweitung des ETS auf den Seeverkehr

IHK Nord-Diskussion im Europäischen Parlament zur geplanten Ausweitung des Europäischen Emissionshandelssystems auf den Seeverkehr
Am 19. Februar 2020 veranstaltete die IHK Nord in den Räumlichkeiten des Europäischen Parlaments eine Roundtable Discussion zum Thema „Ausweitung des Europäischen Emissionshandelssystems auf den Seeverkehr – Norddeutsche Perspektiven“.
Schirmherr der Veranstaltung war Niclas Herbst, MdEP und stellvertretener Vorsitzender des Haushaltsausschusses, der gemeinsam mit Patricia Schlimbach von der IHK Nord die 30 Teilnehmerinnen und Teilnehmer begrüßte. Ebenfalls teilgenommen hat der Koordinator der Bundesregierung für die maritime Wirtschaft, Norbert Brackmann, MdB.
Dr. Peter Liese, MdEP, Koordinator der EVP-Fraktion im Ausschuss für Umwelt, öffentliche Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (ENVI), führte mit einem Impulsvortrag in die Thematik ein. So lege der von der neuen Europäischen Kommission Ende des letzten Jahres vorgestellte „Green Deal“ ambitionierte Pläne auch für die maritime Wirtschaft fest. Vor dem Hintergrund der Reduktion der Emissionen in allen Verkehrssektoren sollen dabei auch die Emissionen im Seeverkehr reduziert werden. Um dieses Ziel zu erreichen, schlägt die Europäische Kommission die Ausweitung des Europäischen Emissionshandelssystems (ETS) auf den Seeverkehr vor. Nicht nur die Kommission, sondern auch die große Teile des Europäischen Parlaments sind sehr an einer umweltfreundlicheren Ausgestaltung der maritimen Wirtschaft interessiert.
Patricia Schlimbach stellte den Teilnehmern einige Themenvorschläge für die anschließende Diskussion vor, u.a. die Harmonisierung der Maßnahmen auf internationaler Ebene, die Ausgestaltung eines möglichen CO2-Grenzausgleichssystem, die möglichen Verwendungen der Mittel aus einem ETS sowie Fragen hinsichtlich der Nutzung von aus der MRV-Verordnung gewonnenen Schiffsdaten.
Im Rahmen der Diskussion wurde darauf hingewiesen, dass bei einer Ausweitung des ETS die Besonderheiten des Seeverkehrs – insbesondere im Vergleich zum Flugverkehr, welcher bereits in das ETS integriert ist – beachtet werden sollten. Nur so können nachteilige Effekte wie die Emissionsverlagerung langfristig minimiert werden. Auch müssten alle internationalen Reedereien bzw. Schiffsbetreiber, die europäische Häfen anlaufen, am Emissionshandel beteiligt werden. Hier waren sich die Teilnehmer größtenteils einig, dass dies am besten über internationale und für alle Beteiligten gleich geltenden Vereinbarungen über die IMO durchgeführt werden sollte. Die EU müsse dazu besonders die großen Volkswirtschaften USA und China, aber auch die anderen internationalen Player mit ins Boot holen, um mögliche Gegenmaßnahmen anderer Staaten zum ETS zu vermeiden. In der Diskussion wurde auch deshalb mehrfach gefordert, den Klimaschutz mit einem wettbewerblichen System anzugehen.
Den Teilnehmern stellte sich auch die Frage, ob es möglich sei, CO2-Neutralität mit den derzeitig gegebenen Technologien bei Schiffsantrieben zu erreichen. Deshalb sei es u.a. wichtig, dass mögliche Einnahmen des ETS für die Forschung und Entwicklung innovativer Antriebstechnologien verwendet werden. Hierzu gab es Forderungen hinsichtlich flexiblerer Beihilferegelungen für Unternehmen sowie zu allgemein flexibleren Regelungen für Infrastrukturinvestitionen, um so eine Beschleunigung der Prozesse zu erreichen. Auch müsse sichergestellt werden, dass ausreichende Finanzmittel aus den ETS-Zahlungen in Form von Innovationsförderung in den maritimen Sektor zurückfließen.
Im Rahmen des Gesprächs wurde ebenfalls über die WTO-Kompatibilität eines CO2-Ausgleichsystems diskutiert, hier insbesondere über die Frage der verpflichtenden Beteiligung von außereuropäischen Drittländern und die internationale Aufteilung und Verwendung möglicher ETS-Einnahmen.
Inwiefern der Brexit Auswirkungen auf die gemeinsame Weiterführung der EU-Klimapolitik im Allgemeinen und den geplanten Europäischen Emissionshandelssystems auf den Seeverkehr im Speziellen – z.B. durch Routenänderungen im Transshipment – haben könnte, wurde von den Teilnehmern ebenfalls angesprochen.
Niclas Herbst fasste am Ende der Diskussion kurz zusammen, dass durch den geplanten ETS neben den gewünschten positiven Klimaschutzergebnissen auch Belastungen für die betroffenen Akteure in der maritimen Wirtschaft entstehen werden. Er glaube jedoch an die Innovationskraft des Maritimen Sektors und hoffe auf gut ausgestaltete und für alle umsetzbare internationale Lösungen, die der Wettbewerbsfähigkeit der maritimen Branche nicht schaden. Obwohl sich die Pläne der Europäischen Kommission zur Ausweitung des Emissionshandels auf den Seeverkehr zwar noch in einem frühen Stadium befinden waren sich die Diskussionsteilnehmer einig, dass die von der IHK Nord initiierte „Roundtable Discussion“ zu diesem für die gesamte norddeutsche maritime Wirtschaft wichtigen Thema zur rechten Zeit komme, um auf die künftigen Herausforderungen hinzuweisen sowie Chancen und Risiken zu diskutieren.

Das Veranstaltungsformat „Roundtable Discussion“ der IHK Nord in Brüssel hat das Ziel, den stetigen Austausch über norddeutsche wirtschaftsbezogene Themen zu fördern.