EU-Aktionsplan

EU-Aktionsplan für eine nachhaltige und widerstandsfähige Fischerei

Zehn Jahre nach der Reform der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) hat die Europäische Kommission (EU-KOM) im Februar 2023 ihre Pläne für nachhaltige Fischerei veröffentlicht.
Mit vier Strategien sollen die Reformen schrittweise eingeführt werden – eingebettet in die Zielsetzung des europäischen Grünen Deals. Eine der Strategien ist der Aktionsplan zum Schutz und zur Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und widerstandfähige Fischerei[1], im Folgenden „Aktionsplan“ genannt.[2]
Ziel des Aktionsplans ist die Umsetzung der EU-Biodiversitätsstrategie bis 2030. Diese sieht vor, mindestens 30 Prozent der Meere mittels Meeresschutzgebieten zu schonen, davon zehn Prozent mit strengeren Schutzvorgaben. Außerdem sollen die Auswirkungen der Fischerei auf den Meeresboden verringert werden. So sollen zukünftig nur noch solche Fanggeräte und -methoden erlaubt sein, die Beifänge bedrohter Arten minimieren. Ein Vorschlag im Aktionsplan lautet, die mobile Grundfischerei in allen Meeresschutzgebieten bis 2024 bzw. 2030 komplett einzustellen. [3]
Dies würde die Existenz von Betrieben der kleinen Hochsee- und Küstenfischerei[4] bedrohen. Eine Branche, die mit Erlösen von über 91,2 Millionen Euro im Jahr 2022[5] von großer sozioökonomischer und kultureller Bedeutung für die norddeutschen Bundesländer ist. Im Sinne einer nachhaltigen Fischerei- und Tourismus-Ausrichtung zur Stärkung der norddeutschen Wirtschaft plädiert die IHK Nord für einen intensiven Dialog der Beteiligten anstelle von pauschalen Verboten. In diesem Dialog müssen die Umweltauswirkungen der grundberührenden Fischereien differenziert betrachtet werden, um Forschung und Innovation für ökologische Fischereimethoden zu fördern und um neue Geschäfts- und Tätigkeitsmodelle zu schaffen.

Der Aktionsplan: Einordnung und Forderungen

Im Mai 2022 ist der Initiativbericht 2021/2188 (INI) des EU-Parlaments dem Aktionsplan vorausgegangen. In diesem Bericht wurde die EU-KOM aufgefordert spezifische Ziele für den Fischerei-Sektor festzulegen. Außerdem wurde gefordert „gegen die negativen Auswirkungen von Fischfangtechniken wie Grundfanggeräten, Treibnetzen, Grundwaden oder Fischsammelgeräten auf das Klima, die Unversehrtheit des Meeresbodens, die Fischpopulationen und empfindliche Arten (als Beifang) vorzugehen, unter anderem durch die Einschränkung ihrer Verwendung“. Die EU-KOM wurde dazu angehalten, den Einsatz schädlicher Techniken in ihren streng geschützten Meeresgebieten zu verbieten. [6]
Am 21. Februar 2023 wurde schließlich der Aktionsplan in einem Paket zur nachhaltigen Fischerei vorgestellt. Dieses enthielt außerdem Informationen zur Energiewende im Fischerei- und Aquakultursektor sowie eine Bewertung der Gemeinsamen Fischereipolitik (GFP) und der Gemeinsamen Marktorganisation der EU. Der Aktionsplan ist ein nicht rechtlich bindender Vorschlag der EU-Kommission, der Handlungsempfehlungen für die Mitgliedstaaten enthält. Als Aktionsplan hat dieser Vorschlag nicht den legitimierenden Prozess des Trilogs durchlaufen, die demokratisch gewählten Mitglieder des EU-Parlaments und der Regierungen (im Rat der EU) wurden nicht einbezogen. Der Aktionsplan zielt darauf ab, die biologische Vielfalt der Meere sowie gesunde Meeresökosysteme wiederherzustellen.
Ziele des Aktionsplans sind:
  • Verbesserung der Selektivität des Fischfangs
  • Verringerung der Auswirkungen der Fischerei auf den Meeresboden & empfindliche Arten
  • Verbesserung der Wissensgrundlagen, sowie Stärkung von Forschung und Innovation
  • Verbesserung des Fischereimanagements, der Einbindung der Interessenträger und der Kontaktarbeit
Um das Ziel der EU-Biodiversitätsstrategie zu erreichen (30 Prozent der Meere der EU zu schützen) fordert die Kommission mit dem Aktionsplan die Mitgliedstaaten auf, die verfügbaren GFP-Instrumente in vollem Umfang zu nutzen und die mobile Grundfischerei in Meeresschutzgebieten bis 2030 schrittweise einzustellen. Zunächst sollten die Mitgliedstaaten bis Ende März 2024 nationale Maßnahmen verabschieden oder gegebenenfalls gemeinsame Empfehlungen an die regionalen Gruppen richten, um die mobile Grundfischerei in den Meeresschutzgebieten zu verbieten. Diese Maßnahmen sollen für ausgewiesene Natura-2000-Gebiete gelten. Ebenfalls sollen die einzelnen Mitgliedsstaaten bis 2024 einen Plan vorlegen, welcher für mindestens 20 Prozent der nationalen Meeresgewässer zu erarbeitende Maßnahmen und Empfehlungen zum Verbot der mobilen Grundfischerei in betroffenen Gebieten vorsieht.

Norddeutsche Betroffenheit

Deutschland ist in der Ausweisung von Meeresschutzgebieten in der EU führend. So hat es von allen EU-Mitgliedstaaten den größten Anteil seines Hoheitsgebiets zu Meeresschutzgebieten erklärt.[7] Dies beinhaltet circa 25.603 km² Meeresfläche in der Nord- und Ostsee, die als Natura-2000-Schutzgebiet ausgewiesen sind.[8]
Teil dieses Natura-2000-Gebiets ist das gesamte deutsche Wattenmeer, welches in die drei Nationalparks Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, Niedersächsisches Wattenmeer und Hamburgisches Wattenmeer unterteilt ist. In diesen Natura-Gebieten ist es gestattet, mittels Grundschleppnetzfischerei, beispielsweise Krabben und Plattfische zu fischen. Diese Fanggebiete machen knapp 70 Prozent der norddeutschen Krabbenfischerei aus und sind wirtschaftlich bedeutend [9]. Ein pauschales Verbot der grundberührenden Fischerei in Natura-Gebieten, wie es der Aktionsplan vorschreibt, würde die betroffenen Betriebe in ihrer Existenz gefährden. Die Speisekrabbe macht fast 37 Prozent der verkauften und eingelagerten Ware der deutschen Fischerei im Bundesgebiet aus[10], was zeigt, wie wichtig der Krabbenfang für die deutsche Fischerei ist.
Zudem hat das Forschungsinstitut Thünen des Bundesministeriums für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) in der am 27. April 2023 veröffentlichten CRANIMPACT-Studie[11] nachgewiesen, dass die Krabbenfischerei im hochdynamischen, von starken natürlichen Schwankungen beeinflussten Wattenmeer, nur für neun Prozent der beobachteten Unterschiede zwischen befischten und unbefischten Gebieten verantwortlich ist. Auch der Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir hat während der Agrarministerkonferenz vom 22. bis 24. März 2023 in Büsum auf die Nationalparkverträglichkeit der Küstenfischerei hingewiesen. Ein so auswirkungsstarkes Verbot, ohne eine differenzierte Fall-zu-Fall-Betrachtung als wissenschaftliche Grundlage wäre fatal für die Branche.
Die deutsche Fischerei – eine bedrohte Branche
Ein Verbot der Grundschleppnetzfischerei würde eine ohnehin bedrohte Branche treffen, denn bereits seit Jahren verringern sich die Zahl der Berufsfischer und die Größe der deutschen Fischereiflotte. Beispielsweise gibt es nur noch 200 deutsche Berufsfischer in Mecklenburg-Vorpommern, während die Zahl in den Neunzigern bei 1.600 lag. Außerdem gab es 2023 nur einen einzigen Küstenfischer-Azubi. Laut offiziellen Angaben des BMEL bestand die deutsche Fischereiflotte 2022 nur noch aus 1.245 Fahrzeugen, wovon jedoch 407 Fahrzeuge inaktiv sind. Betroffen von einem Verbot der mobilen Grundfischerei in den deutschen Meeresschutzgebieten wären insbesondere rund 181 aktive Baumkurrenfahrzeuge für den Fang von Nordseegarnele (Krabbe), Scholle und Seezunge in der Nordsee sowie rund 44 Schleppnetzfahrzeuge, die in Nord- und Ostsee Kabeljau/Dorsch, Seelachs, Schellfisch, Hering, Scholle und Sprotte fangen. Zusätzlich zu den Krabbenfischern wären diese Fischereibetriebe von dem Verbot bedroht. Der hohe Anteil an inaktiven Fahrzeugen – fast ein Drittel – zeugt von der Schwierigkeit, gewinnbringend Fischerei in Deutschland zu betreiben.[12]
Gründe für das Fischereisterben
Hintergrund für das Fischereisterben ist die stetig zunehmende Zahl von einschränkenden Maßnahmen für die Fischerei. So hat die Bundesregierung unter Berufung auf die „Gemeinsame Fischereipolitik der Europäischen Union“ Vorgaben für eine nachhaltigere Fischerei gemacht. Dies inkludiert die jährlichen EU-Fangquoten. Für die Bewirtschaftung der Fischbestände werden Fangquoten festgelegt, die sich an dem Ziel des höchstmöglichen nachhaltigen Dauerertrags (MSY) orientieren. Das MSY-Ziel gilt seit 2020 als Bewirtschaftungsziel für alle Bestände. Zusätzlich inkludieren diese Maßnahmen Vorgaben wie die allgemeine Anlandepflicht[13], die schrittweise bis 2019 eingeführt wurde.[14] Zusätzlich beschränken Maßnahmen der Energieversorgung, wie der Ausbau der Offshore Windkraft, die Fangmöglichkeiten der Fischer.
Fischereibetriebe investieren in Nachhaltigkeit
Die genannten Beschränkungen belasten mit den deutschen Fischereibetrieben Unternehmen, die sich in Sachen Nachhaltigkeit längst auf den Weg gemacht haben. So haben sich beispielsweise die deutschen Krabbenfischer im Wattenmeer freiwillig mit dem Marine Stewardship Council (MSC) zertifizieren lassen und die damit einhergehenden Regeln und Kontrollmechanismen angewendet. Das MSC ist ein Zertifizierungs- und Kennzeichnungsprogramm für nachhaltigen Fischfang in freien Gewässern. Dieses folgt den Best-Practice-Richtlinien der Welternährungsorganisation (UN-FAO) und der Internationalen Allianz für Soziale und Ökologische Akkreditierung und Kennzeichnung (ISEAL) – einem globalen Verband für Nachhaltigkeitsstandards.[15]
Darüber hinaus unterstützen lokale Fischer die Forschungen des Thünen-Instituts zu alternativen Fangmethoden, wie der Verwendung von Pulsbaumkurren. Diese haben durch den Einsatz von elektrischen Feldern einen geringeren Einfluss auf den Meeresboden und einen geringeren Beifang.[16] Ein anderes solches Projekt betraf die Vermeidung von Scheuerschutzfäden, sogenannten Dolly Ropes. Norddeutsche Krabbenfischer haben gemeinsam mit dem Thünen Institut Alternativen entwickelt mit dem Erfolg, dass der Großteil von ihnen freiwillig auf den Einsatz verzichtet.[17] Ein häufiger Kritikpunkt an den norddeutschen Krabben ist, dass diese zum Schälen überwiegend nach Marokko transportiert werden. Seit März 2022 läuft deshalb ein weiteres Forschungsprojekt am Thünen-Institut. Die Krabben sollen mit Ultraschall geschält werden und auch die Chitinpanzer sollen im Gegensatz zum derzeitigen Stand weiterverwertet werden (beispielsweise in der Medizin und Kosmetikindustrie).[18] Des Weiteren entstehen über Fischereiverbände nachhaltige Pilotprojekte wie das Angebot anerkannter Aus- und Weiterbildungen für Fischer zum „Sea-Ranger“ in Mecklenburg-Vorpommern. Zu den Aufgaben eines ausgebildeten „Sea-Ranger“ zählen Umweltschutz, Bestandspflege der Meeresfische, Bewirtschaftung von Aquakulturen, Tourismusangebote und die Pflege des kulturellen Erbes der Küstenfischerei.
Aufgrund solcher freiwilligen Maßnahmen und vieler Umweltauflagen ist die Fischerei in Norddeutschland bereits eine der umweltfreundlichsten weltweit. Wenn das Angebot aus dieser Quelle den Konsumenten nicht mehr zur Verfügung steht, wird die Nachfrage nach importiertem Fisch steigen. Dieser kommt oft aus wenig nachhaltiger Fischerei. China ist die wichtigste Importnation für Fisch in Deutschland. Dies mit einem Anteil von fast 30 Prozent der Importe von 2014 bis 2020.[19] Ausgerechnet China ist bekannt für Verstöße gegen EU-Vorschriften zu Fischerei und Menschenrechten.[20] Bereits jetzt besteht für Fisch in Deutschland eine große Importabhängigkeit. Der Selbstversorgungsgrad von Fisch lag hierzulande 2022 bei nur 17 Prozent.[21] In der gesamten Europäischen Union ist er mit 30 Prozent insgesamt sehr niedrig. Wie der Europäische Rat in seinen „Schlussfolgerungen des Vorsitzes zum Paket zur Fischereipolitik für einen nachhaltigen, widerstandsfähigen und wettbewerbsfähigen Fischerei- und Aquakultursektor“ feststellt, muss die Ernährungssouveränität in der EU verbessert werden. Für dieses Ziel ist das Verbot der mobilen Grundfischerei kontraproduktiv.
Bedeutung der EU Fischerei für die Industrie sowie den Einzelhandel
Vertreter der fischverarbeitenden Industrie sowie der Handel mit Fisch, Meeresfrüchten und Fischereierzeugnissen kritisieren das vorgeschlagene Verbot der mobilen Grundfischerei. Durch das Verbot würde für bestimmte Fischarten eine ihrer wichtigen Bezugsregionen wegfallen. Die Nachfrage nach bestimmten Fischprodukten besteht jedoch weiterhin. So lag der Pro-Kopf-Verbrauch von Fisch, Meeresfrüchten und Fischereierzeugnissen 2022 bei rund 13,6 Kilogramm in Deutschland. Dies ist verglichen mit dem Durchschnitt der vorangegangenen zehn Jahre ein Rückgang von lediglich vier Prozent. Die fischverarbeitende Industrie sowie der Einzelhandel müssen somit auf andere Regionen ausweichen, um die Nachfrage zu bedienen.
Dies steht in zweierlei Hinsicht dem Ziel einer nachhaltigeren Meerespolitik entgegen. Es führt einerseits dazu, dass dieser Fisch, wie bereits erwähnt, aus weniger nachhaltigen Quellen kommt und qualitativ weniger wertvoll sein kann. Andererseits entstehen dadurch steigende Emissionen durch längere Transportwege und längere Kühlketten. Zudem würden größere Mengen an Verpackungsmaterial aus Styropor und Plastik benötigt. Zusätzlich würden sich die fischverarbeitende Industrie sowie der Handel mit einer erschwerten Logistik konfrontiert sehen. Diese führt zu Mehrkosten im Logistikbereich durch komplexe Kühlketten bei einer geringeren Planbarkeit und Störungsanfälligkeit. So hat beispielsweise die Blockade des Suezkanal durch die Ever Given im März 2021 zu erheblichen Lieferschwierigkeiten in der Branche geführt. Vor allem für kleinere Betriebe würde dies einen zu großen finanziellen Aufwand bedeuten. Ein Fischhändler aus Schleswig-Holstein – ein alteingesessenes Familienunternehmen, welches seine Ware oftmals direkt von deutschen Kuttern bezieht – befürchtet zudem, dass diese Entwicklung den Einfluss großer internationaler Logistikdienstleister stärken und somit lokale KMU-Netzwerke beschädigen wird.
Zudem geben die beiden Branchen zu bedenken, dass aufgrund des Wandels im Denken der Konsumenten es schon seit Jahren eine Bewegung zur Nachhaltigkeit und Regionalität gibt. Diese Entwicklung gelte es zu fördern. Sie bedauern es sehr, dass die steigende Nachfrage hin zu heimischen Fisch durch solche Verbote behindert wird und sich die Konsumenten nicht-heimische Alternativen suchen müssen.
Bedeutung der deutschen Fischerei für den Tourismus
Die soziökonomische und kulturelle Bedeutung der kleinen Hochsee- und Küstenfischerei zeigt sich ebenso im Tourismussektor. Laut einer Umfrage aus dem Jahr 2021 bevorzugen deutsche Gäste die Nord- und Ostseeküste vor Urlaubsregionen wie Italien, den Balearen oder der Türkei[22]. Zu den beliebtesten fünf touristischen Bundesländern in Deutschland zählten 2022 Mecklenburg-Vorpommern, Schleswig-Holstein und Niedersachsen[23]. Die Fischerei ist ein Schwerpunkt der touristischen Angebote – sowohl im Binnenland von Mecklenburg-Vorpommern als auch an der Nord- und Ostseeküste. So haben die Aussteller bei den 20. Wismarer Heringstagen 2023 den aktuellen Stand und die Zukunft der Heringsfischerei kritisch mit Medien und Besuchenden diskutiert. Auch in Vorpommern setzen die touristischen und kulinarischen Angebote auf den heimischen Fisch, etwa beim Vorpommerschen Fischermarkt in Freest. Das historische Fischerdorf Freest am Greifswalder Bodden gilt mit seinen dreizehn Fischereibetrieben im Haupterwerb als Zentrum der kleinen Ostsee- und Küstenfischerei. Mehr und mehr umfassen solche touristischen Angebote die Möglichkeit geführter Bootstouren mit einheimischen Fischern. Laut der TourismusMarketing Niedersachsen GmbH waren die beliebtesten Attraktionen bei Nordseeurlaubenden maritime Städte wie Emden[24]. Ebenfalls großer Beliebtheit erfreut sich der Nationalpark Wattenmeer mit jährlich etwa 20 Millionen Gästen in der Region[25]. In Ostfriesland stechen die Kutter- und Sielhäfen hervor. Im über 600 Jahre alten Fischereihafen Greetsiel können Touristen die größte Kutterflotte Ostfrieslands bestaunen. Ein Highlight im Kutterhafen von Neuharingersiel ist die alljährliche Kutterregatta. Auch die Deutsche Fisch-Genuss-Route zeugt davon, wie eng der Nordseetourismus mit der deutschen Fischerei verbunden ist. Die Route verbindet die prägenden Orte entlang der Weser, Elbe und Nordseeküste zu einer Reiseroute. Laut Markentreiberanalyse 2022, beauftragt durch die Tourismus-Agentur Schleswig-Holstein GmbH (TA.SH), schätzen Gäste Schleswig-Holstein für sein nordisches, maritimes Flair und seine geschichtsträchtigen Orte, zu denen die Hafen- und Hansestädte gehören. Prägend für ebendieses maritime Flair und für die Hafenstädte ist vor allem der Fischfang mit den dazugehörigen Kuttern und Booten. Des Weiteren tragen Aktivitäten wie „Fisch und Fischbrötchen essen“, „Maritime Attraktionen besuchen“ und „Schiffe und Boote gucken“ maßgeblich zur touristischen Attraktivität Schleswig-Holsteins bei. Regionale Veranstaltungen wie die Husumer Krabbentage, die Hafentage in Pellworm oder das Wittdüner Hafenfest bringen jährlich viele Besucher an die See. Das zeigt: Die Kutter und die Anbieter von Fisch und Meeresfrüchten sind in den norddeutschen Küstenorten ortsbildprägend, kulturstiftend und für die Touristen nicht wegzudenken.

Ausblick

Die IHK Nord fordert von der EU-Kommission eine Überarbeitung des Aktionsplans zum Schutz und zur Wiederherstellung von Meeresökosystemen für eine nachhaltige und wiederstandfähige Fischerei. Der Vorschlag für ein komplettes Verbot der Grundschleppnetzfischerei muss zurückgenommen werden. Das Verbot bedroht die Existenz der ohnehin schmelzenden norddeutschen Fischereiflotte und schadet den verbundenen Tourismusbetrieben, dem regionalen Einzelhandel sowie den Verarbeitern regionaler Produkte. Ein solches Verbot hätte nicht die beabsichtigte nachhaltige Wirkung, sondern die gegenteilige: Es dürfte dazu führen, dass Verbraucher auf wenig nachhaltigere Angebote zurückgreifen, und lässt die freiwilligen Nachhaltigkeits-Maßnahmen der deutschen Fischereibranche obsolet wirken. Wie in der CRANIMPACT-Studie nachgewiesen, ist die Grundschleppnetzfischerei kein signifikanter Grund für die Belastung des Meeresbodens.
Zusätzlich appelliert die IHK Nord an die Politik, nachhaltige Fischerei, nachhaltigen Tourismus und eine Neuorientierung der Aufzucht und Verarbeitung von Fisch und Meeresfrüchten in Norddeutschland zu stärken und nicht zu verhindern. Die Förderung von Forschung und Innovation ökologischer Fischereimethoden sind ein wichtiges Mittel, um die sozioökonomischen und kulturellen Eigenschaften der kleinen Hochsee- und Küstenfischerei zu erhalten. Diese Fischereibetriebe haben eine große Bedeutung für die norddeutsche Lebensmittel- und Tourismuswirtschaft und stehen für die kulturelle Identität Norddeutschlands. Diese Fischereibetriebe haben eine große Bedeutung für die norddeutsche Lebensmittel- und Tourismuswirtschaft und stehen für die kulturelle Identität Norddeutschlands.

[1] Aktionsplan zum Schutz und zur Wiederherstellung von Meeresökosystemen, Europäische Kommission (2023).[2] Die öffentliche Konsultation der EU-Kommission zu diesem Plan fand bereits im Frühjahr 2021 statt .[3] Aktionsplan zum Schutz und zur Wiederherstellung von Meeresökosystemen, Europäische Kommission (2023), S.13-14.[4] „Die Hochsee- und Küstenfischerei wird unterteilt in die Große Hochseefischerei und die Kleine Hochsee- und Küstenfischerei. Zur ersten Kategorie zählen Fahrzeuge mit einer Bruttoraumzahl (BRZ) von mindestens 1000.[5] Jahresbericht der Anlandestatistik, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2022).[6] "Auf dem Weg zu einer nachhaltigen blauen Wirtschaft in der EU: die Rolle der Fischerei und der Aquakultur", 2021/2188 (INI)[7] Meeresschutzgebiete in den europäischen Meeren, Europäische Umweltagentur (2023), https://www.eea.europa.eu/ims/marine-protected-areas-in-europes-seas[8] Natura 2000 Barometer, European Environment Agency (2021).[9] Technischer Bericht „Wo die Krabben gefischt werden – Räumliche Verteilung und zeitliche Nutzung des Wattenmeeres und der angrenzenden Nordsee durch die deutsche Krabbenfischerei von 2007 bis 2013, WWF (2016).[10] Jahresbericht der Anlandestatistik, Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (2022).[11] Auswirkungen der Garnelenfischerei auf den Meeresboden (CRANIMPACT), Johann Heinrich von Thünen Institut (2023).[12] Steckbrief zur Meeresfischerei in Deutschland, Thünen-Insitut (2022).[13] Die Allgemeine Anlandepflicht besagt, dass alle Fänge der Arten, die einer Fangregelung unterliegen angelandet werden müssen, auch wenn diese keinen kommerziellen Wert haben.[14] Für eine nachhaltige Fischerei in Deutschland und der EU, Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (2020).[15] Thema Grundschleppnetze und MSC-Zertifizierung, Marine Stewardship Council (2023).[16] https://www.thuenen.de/de/fachinstitute/ostseefischerei/projekte/fischerei-surveytechnik/pulsbaumkurre-in-der-krabbenfischerei-neue-technik-fuer-krabbenfischer-was-bringt-sie[17] https://www.umweltbundesamt.de/themen/schutz-der-meere-alternativen-zu-dolly-ropes-in-der[18]https://www.spiegel.de/wissenschaft/technik/greetsiel-forschungsprojekt-mit-ultraschall-maschine-soll-krabbenpulen-retten-a-c8a17520-9410-4301-a3e1-4b6c5219dbdc[19] Steckbrief zur Meeresfischerei in Deutschland, Thünen-Insitut (2022).[20] https://www.euractiv.de/section/landwirtschaft-und-ernahrung/news/eu-wachsender-druck-chinesische-fischerei-zu-sanktionieren/[21] https://www.bmel-statistik.de/ernaehrung-fischerei/versorgungsbilanzen/fisch[22] Statisitken zur Urlaubsregion Ostsee, Statista (2023).[23] Tourismusanalyse 2023, Inlandsresieziele 2022 (2023).[24] Tourismus-Fact Sheet Nordsee, TourismusMarketing Niedersachsen (2020).[25] Tourismus, Nationalpark Wattenmeer (2021).